Argentinien/Bolivien 2017/2018

 

Auf unserer ersten Südamerikareise 14 Jahre zuvor konnten wir das bolivianische Hochland wegen der Regenzeit und technischer Probleme nur streifen. Wir haben also noch eine Rechnung offen…

 

 

Nach akribischer technischer Vorbereitung und bestens ausgerüstet verschiffen wir die Motorräder im Sammelcontainer und starten Ende November von Valparaiso/Chile aus unsere Reise. Zunächst schnell über die Anden und auf der Ruta 40 nach Norden, bevor die Regenzeit das Hochland in eine Schlammwüste verwandelt.

 

 

Hinter Fiambala entscheiden wir uns für den ersten richtigen Offroad-Einsatz: wir nehmen die Piste zum Örtchen Las Papas, und das heißt, 65 Mal den Fluss queren! Da bleibt kein Stiefel trocken. Zur Mittagspause in Las Papas stellen wir die Stiefel in die Sonne und trocknen die Socken im warmen Sand der Ortsdurchfahrt.

 

Dahinter schraubt sich die Piste in die Höhe. An einer Kreuzung finden wir ein Hinweisschild zu einer Therme; dieser Einladung folgen wir doch gerne und stellen das Zelt für die Nacht neben den warmen Tümpel.

 

Am nächsten Tag steigen wir noch weiter in die Höhe, auf über 4.000 m. Gleichzeitig wird der Untergrund immer sandiger. Wir liefern uns ein Rennen, welches Motorrad unter diesen Bedingungen schneller ist. Über den ersten Gang kommen wir dabei nicht hinaus. Ein kleines Missgeschick bleibt da nicht aus.

 

Hinter Antofagasta de la Sierra biegen wir auf eine weitere wenig befahrene Strecke nach Antofalla und Tolar Grande ab. Riesige Weiten, schwarze Berge, ein türkisfarbener See. Faszinierende Landschaften. Eine eiskalte Nacht bei -10 Grad verbringen wir an den Ojos del Mar, kleinen, sehr tiefen Seen.

 

 

Bei einem Abstecher nach San Pedro de Atacama in Chile tanken wir noch einmal Wärme und füllen unsere Vorräte, dann brechen wir auf zur Lagunenroute im südwestlichen Bolivien. Wo wir vor 14 Jahren alleine an der bolivianischen Grenzhütte standen, bildet sich heute eine lange Menschenschlange, diverse Jeeps der Tourenanbieter warten auf ihre Insassen. Einsam ist es auch im weiteren Verlauf der Lagunenroute nicht. An der Laguna Colorada sind mehrere Unterkünfte und zahlreiche Shops entstanden. Wir staunen, was aus dieser einsamen, abgelegenen Strecke geworden ist.

Laguna Verde

Geisirfeld "Sol de manana" auf 500m ü.M.

 

Julaca liegt an der einstigen Bahnlinie nach Ollagüe; der ehemalige Bahnhof diente uns 2004 als Unterschlupf vor dem garstigen Wetter. Heuer spielt die Sonne mit, nach kurzer Stippvisite wollen wir noch auf den Salar de Uyuni, den größten Salzsee der Welt. Eine endlose weiße Ebene liegt vor uns, jauchzend beschleunigen wir. Bei so viel Platz ist es gar nicht so einfach, ein „geeignetes“ Plätzchen zum Zelten zu finden. Unsere „Mission Salzsee“ ist gelungen, die alte Rechnung beglichen.

 

 

Ein Flyer der Backstube in Coroico erregt meine Aufmerksamkeit. Apfelkuchen… Von Sucre, der offiziellen Hauptstadt Boliviens, bis nach Coroico empfiehlt Google Maps die asphaltierten Hauptstrecken, 880 km. Es gibt aber auch eine direkte Route dorthin, das sind nur 500 km. Wir nehmen die Abkürzung durchs Hinterland. Die wenig befahrene, gute Piste durch die Berge bringt bei Sonnenschein Fahrspaß. Nach einem Stopp in Poroma, das uns wie ein Außenposten der Zivilisation vorkommt, wird die Piste schmaler und anspruchsvoller. Autos fahren gar nicht mehr. Dunkle Regenwolken am Himmel, ein kurzer Schauer. Weiter bis – ja bis hinter Viru Viru, einem winzigen Bergdorf, der Weg verschwunden ist. Oder besser gesagt, begraben unter Geröll des letzten Unwetters. Zu zweit schieben wir jedes Motorrad über die kritischen Stellen bis es dunkel ist, dann bauen wir erschöpft in einer Kurve das Zelt auf.

 

 Zwei Tage später kommen wir in Caraci an. Gottseidank! Hier beginnt wieder die Zivilisation in Form von Lebensmittelladen, kaltem Bier und Mopedtaxis nach ToroToro. Die Backstube in Coroico ist noch weit entfernt, einen weiteren Versuch, durch die Berge auf Nebenstrecken dorthin zu kommen, brechen wir wegen des Wetters ab. Auf Straße zittern wir uns nach La Paz und von dort – endlich! – hinunter in die Yungas nach Coroico. Backstube erreicht 

 

 

Von Rurrenabaque bis nach Trinidad sind es 387 km, sagt Google maps und prophezeit uns 8:47 Stunden Fahrtzeit mit diversen Staus. Staus auf bolivianischen Fernstraßen?!? Als hinter Yacumo der Asphalt endet, wird uns schnell klar, warum: Die Piste ist eine einzige Schlammschlacht! LKW und PKW stecken kreuz und quer festfahren im seifigen Matsch. Wir schlängeln uns zwischen den Fahrzeugen hindurch und stehen kurz vorm Dunkelwerden an der „Fähre“ über den Rio Beni. Mit Lichthupe bestellen wir uns ein Wassertaxi vom gegenüberliegenden Ufer, das uns auf der anderen Flussseite in ebenso schlammige Pisten entlässt. Nach einer weiteren Fähre dieser Art erreichen wir abends um 23 Uhr endlich die Stadt Trinidad – 14 Stunden für 387 km. Da hatte Google ein bisschen untertrieben…

 

Zurück nach Argentinien, endlich wieder warm UND trocken. In Salta spendieren wir den Motorädern neue Vorderreifen, die auf 1.500 km Asphalt geradeaus eingeweiht werden. Iguazú ist das Ziel, genauer gesagt: die Wasserfälle. Auf knapp 3 km Breite rauschen 20 größere und 250 kleinere Fälle bis zu 80 m in die Tiefe.

 

In einer Bäckerei in Iguazú lernen wir German und Claudia kennen, ein Paar argentinischer Weltreisender, die gerade auf Heimaturlaub sind. Sie laden uns in ihr Haus nach Tucuman ein, wo wir entspannte Tage verbringen. German ist Endurofahrer und möchte mit uns die Fahrer der Rally Dakar live erleben. Er lädt noch ein paar Kumpel ein, gemeinsam verbringen wir in der Nähe von Punto Balasto in den Dünen die Nacht. Am nächsten Tag rätseln und suchen wir lange, wo der Dakartross fahren wird, aber wir finden tatsächlich einen Wegpunkt, den alle Rallyteilnehmer anfahren müssen. Wir stehen mit unseren Reiseenduros mitten in einer Rally-Etappe! Dass wir so nah ran kommen, hätte ich nie zu träumen gewagt.

 

 Über Rodeo und den Paso Agua Negra kommen wir zurück nach Chile. Wir nehmen auf dem Weg nach Valparaiso die letzten Piste unter die Stollen, finden ein Stück totes Kaktusholz, dass wir zusammen mit den Motorrädern als Souvenir nach Deutschland verschiffen. In Erinnerung bleiben werden uns die zahlreichen Begegnungen mit offenen, herzlichen Argentiniern. Schließlich wird man nicht überall an der Tankstelle mit Umarmung und Küsschen links, Küsschen rechts verabschiedet… wir hatten die junge Frau von der Tankstelle gerade fünf Minuten zuvor kennengelernt.